I. Schuldenerleichterung und die HIPC-Initiative
1. Die Unterstützung in der Öffentlichkeit für einen
Schuldenerlass zu Gunsten der ärmsten Länder der Welt wird immer
größer. Warum kann der IWF (und die Weltbank sowie die
Völkergemeinschaft) die gesamten Schulden nicht einfach abschreiben?
Der IWF setzt sich entschlossen für großzügige Schuldenerleichterung
für die ärmsten Länder ein, wenn sie Teil einer nachhaltigen Strategie zur
Verbesserung der Lebensbedingungen ist. Schuldenerleichterung allein kann die Armut nicht
verringern: Armut gab es bereits vor der Verschuldung, und eine Schuldenerleichterung, die
für unproduktive Ausgaben verschwendet wird, kann den Armen keinen Nutzen bringen.
Der IWF zielt darauf ab, Ländern dabei zu helfen, die Politiken zu ergreifen, die dazu
führen können, dass Schuldenreduzierung den Armen dient.
Viele einkommensschwache Länder haben mit einer unüberwindbaren
Schuldenlast und einer erdrückenden Armut zu kämpfen. Schuldenerleichterung oder
-erlass sollte ein integraler Teil von Anstrengungen zum Abbau ihrer Armut sein. Sie kann nur
dann wirksam sein, wenn sie mit geeigneten Politiken in den Ländern selbst und in den
Geberländern einhergeht, einschließlich Handelszugeständnisse und weitere
Entwicklungshilfe.
Bereits vor der Initiative für die hochverschuldeten einkommensschwachen
Länder (HIPCs) im Jahre 1996 hatten einkommensschwache Länder Anspruch auf
konzessionäre Schuldenerleichterung von Seiten der Gläubigerländer durch das
bestehende Instrumentarium für Schuldenerleichterung, den Pariser Club. Die
ursprüngliche HIPC-Initiative erhöhte die konzessionäre Erleichterung und
erweiterte den Umfang auf Schulden an multilaterale Organisationen (Weltbank, IWF sowie
regionale Entwicklungsbanken). Die Erweiterung der HIPC-Initiative im Jahre 1999 verbessert
die Vorzugsbedingungen noch weiter - schneller, umfassender und tiefer.
Der IWF spielt eine Führungsrolle in der HIPC-Initiative und begrüßt das
Angebot mehrerer Gläubiger, alle Schulden der HIPCs abzuschreiben. Die völlige
Streichung aller Schulden (einschließlich der Schulden an den IWF und die anderen
multilateralen Institutionen) wirft jedoch vielschichtige Fragen auf:
- Eine Schuldenreduzierung oder -streichung, wie großzügig sie auch sein
mag, bietet nur eine vorübergehende Erleichterung, wenn sie nicht mit Maßnahmen
einhergeht, die darauf abzielen, die dem Problem zugrunde liegenden Bedingungen zu verbessern.
Ein umfassender Ansatz ist erforderlich, um ein dauerhaftes, schnelles Wachstum und
Armutsreduzierung zu fördern. Dieser Ansatz sollte auch Anstrengungen der jeweiligen
Länder in der Form von politischen Reformen sowie Maßnahmen der übrigen
Welt enthalten. Dazu gehören Handelszugeständnisse der fortgeschrittenen
Volkswirtschaften sowie weitere Entwicklungshilfe und Schuldenerleichterung.
- Es wäre unfair, wenn der IWF und andere multilaterale Institutionen die Schulden
einer bestimmten Gruppe von armen Ländern abschreibt, aber gar nichts für andere
Länder tut, die genauso arm sind, aber eine solide Politik verfolgen und deshalb ihre
Schulden bewältigen können. Es ist außerdem keineswegs erwiesen, dass ein
vollständiges Abschreiben aller Schulden zu größeren Nettoströmen an
Hilfe oder anderen Finanzmitteln führt. Wir benötigen eine umfassendere und besser
gezielte Entwicklungshilfe zur Unterstützung der eigenen wachstumsorientierten
Armutsreduzierungs-Strategien der armen Länder selbst.
- Schuldenerleichterung bringt finanzielle Kosten mit sich, die dringend erforderliche
weitere Finanzhilfe an die HIPC-Länder und an andere arme Länder nicht
gefährden dürfen. Der IWF muss ein Höchstmaß an finanzieller
Integrität wahren. Die durch die IWF-Teilnahme an der HIPC-Initiative entstehenden
Kosten werden durch Gewinne aus den außerbörslichen Goldtransaktionen sowie
durch Beiträge von mehr als 93 Ländern gedeckt. Der IWF ist nicht befugt, einfach
weitere Schulden aus seinen Eigenmitteln abzuschreiben, wenn er dadurch seine Fähigkeit
gefährdet, an andere bedürftige Länder Kredite zu vergeben. Weitreichende
neue Mittelzusagen von Seiten der fortgeschrittenen Volkswirtschaften wären erforderlich,
aber der Rückgang der öffentlichen Entwicklungshilfe dieser Länder in den
letzten Jahren zeigt die Haushaltszwänge, vor denen sie stehen.
II. Globalisierung
2. Wie reagieren Sie auf den Vorwurf, die Globalisierung schaffe
Ungleichheit—Arbeitsplätze für die wenigen Begünstigten in den
fortgeschrittenen Volkswirtschaften, während es den multinationalen Unternehmen
ermöglicht wird, die Menschen mit den niedrigsten Löhnen in den ärmsten
Ländern auszubeuten?
Die Globalisierung führt zu Wirtschaftswachstum und höheren Einkommen.
Bisher hat noch kein Land für einen längeren Zeitraum von einer Abschottung
profitiert, und die Länder, die den größten Wohlstand erreicht haben, haben
sich der Globalisierung sowie der Politiken, die sie funktionsfähig machen, geöffnet.
Nach außen gerichtete Politiken haben Dynamik und Wohlstand in einen großen Teil
Ost- und Südostasiens gebracht. Diese Erfahrung zeigt, dass die Globalisierung große
Chancen für eine wirkliche weltweite Entwicklung bietet. Sie verläuft jedoch
keineswegs gleichmäßig, und Länder, die sich langsamer integrieren, weisen ein
schwächeres Wachstum und größere Armut auf.
Ein sehr wichtiger Grund für die Zunahme der weltweiten Ungleichheit—wobei es
einigen Ländern überaus gut geht und anderen schlecht—besteht darin, dass
viele Länder die Globalisierung und die für ihre Nutzung erforderlichen Politiken
abgelehnt haben. In den 70er und 80er Jahren, als viele Länder Lateinamerikas und Afrikas
nach innen gerichtete Politiken verfolgten, stagnierten oder schrumpften ihre Volkswirtschaften,
vergrößerte sich die Armut und in einigen Fällen kam es zu Hyperinflation. In
dem Maße, in dem diese Regionen ihre Politiken geändert haben, hat sich ihr
Einkommen erhöht. Nach Jahrzehnten des Niedergangs steigt das reale
Pro-Kopf-Einkommen in Afrika wieder leicht. Die Entwicklung zu Offenheit und solider
Wirtschaftspolitik sowie entschlossene Maßnahmen zu Gunsten der Armen sind wesentliche
Bestandteile effektiver Strategien zur Reduzierung der Armut in den einkommensschwachen
Ländern (siehe Fragen 3 und 5 weiter unten).
Den Industriestaaten erwachsen ebenfalls Vorteile aus der Globalisierung, weil der
internationale Wettbewerb zu neuen und höherwertigen Produkten und damit zu einem
höheren Lebensstandard führt. Die große Zahl der neu geschaffenen
Arbeitsplätze und die außergewöhnlich niedrige Arbeitslosigkeit in den
Vereinigten Staaten sowie eine Verbesserung der Lage in Europa verweisen auf einen
dynamischen wirtschaftlichen Wandel, der durch die Globalisierung gefördert und nicht
behindert wird. Zugegeben, manchmal gehen auch Arbeitsplätze verloren, wenn
traditionelle Industriezweige an Bedeutung verlieren, diese Verluste werden jedoch eindeutig
durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze in neuen Industriebereichen ausgeglichen. Bildung,
Ausbildung und soziale Sicherheitsnetze unterstützen die Arbeitnehmer, die durch den
wirtschaftlichen Strukturwandel in Mitleidenschaft gezogen werden.
Der IWF hat das Ziel, den Ländern dabei zu helfen, die Politiken durchzuführen,
die die Globalisierung funktionsfähig gestalten—makroökonomische
Maßnahmen und eine Strukturpolitik, die die Funktionsfähigkeit der Märkte
verbessern, soziale Sicherheitsnetze. Die Internationale Arbeitsorganisation setzt sich für
eine Förderung der Kernarbeitsnormen ein, die darauf abzielen, die Ausbeutung der
Arbeitnehmer zu verringern, insbesondere die Praktiken der Kinderarbeit und der Zwangsarbeit.
Der IWF unterstützt diese Anstrengungen uneingeschränkt. Ausländische
Unternehmen sind eine wichtige Quelle für Direktinvestitionen in
Entwicklungsländer. Diese Investitionen führen zu größerer
Produktivität, zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zu höheren Einkommen.
Wenn die Löhne und Arbeitsnormen zu schnell auf das Niveau der fortgeschrittenen
Volkswirtschaften gehoben werden, würde dies sehr wahrscheinlich dazu führen, dass
Arbeitsplätze verloren gehen, da sie zu teuer werden. Es geht vielmehr darum, dass sie im
Laufe der Zeit langsam aufholen; und dies ist in Ländern, die ihre Volkswirtschaft
geöffnet haben, tatsächlich der Fall. Die Herausforderung besteht darin, die
einkommensschwachen Länder, insbesondere in Afrika, an diesen Vorteilen teilhaben zu
lassen.
3. Wie können die armen Länder gegenüber der
übrigen Welt aufholen?
Es gibt kein Einheitsrezept für die hohen Wachstumsraten, die für ein rasches
Aufholen erforderlich sind, und die konkreten Politiken unterscheiden sich in den einzelnen
Ländern. Die wichtigsten Elemente einer Strategie beinhalten Anstrengungen der
einkommensschwachen Länder, der fortgeschrittenen Volkswirtschaften und der
internationalen Organisationen wie dem IWF.
Die einkommensschwachen Länder können:
- das Wachstum durch Politiken im eigenen Lande stärken, die die
makroökonomische Stabilität und die Marktkräfte fördern, indem sie
Handelsbeschränkungen aufheben, Subventionen abbauen, die Qualität der
Regierungsstellen verbessern und die Rechts- sowie Finanzinstitutionen stärken;
- die Armut durch ,,vom Lande mitgetragene" Strategien verringern, die Politiken zu
Gunsten der Armen fördern und die mit ausreichenden Haushaltsmitteln ausgestattet
sind—einschließlich Gesundheit, Bildung und umfassender sozialer Sicherheitsnetze.
Ein partizipatorischer Ansatz, darunter ein Dialog mit der Zivilgesellschaft, erhöhen die
Erfolgsaussichten dabei beträchtlich.
Die fortgeschrittenen Volkswirtschaften können:
- ihre eigene Handelspolitik reformieren und neue Märkte für die Exporte
aus den armen Ländern öffnen;
- die inländischen Subventionen in Wirtschaftszweigen wie Landwirtschaft und
Textilien, in denen die armen Länder die besten Erfolgsaussichten haben, senken;
- nicht nur die Schuldenerleichterung zur Unterstützung solider Politiken sondern
auch die öffentliche Entwicklungshilfe erhöhen und somit die rückläufige
Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte umkehren. Sie könnten außerdem die
Effizienz dieser Hilfe erhöhen, indem sie sie weniger stark an ihre eigenen Exporte binden
und indem sie ihre Hilfe und Schuldenerleichterung besser mit der Armutsreduzierungs-Strategie
der einzelnen Länder koordinieren.
Der IWF, die Weltbank und die anderen multilateralen Institutionen bemühen sich
gemeinsam, die Anstrengungen der einkommensschwachen Länder zu unterstützen,
indem sie ihre Zusammenarbeit noch intensivieren. Der IWF bietet seine finanzielle und technische
Hilfe sowie seine Beratertätigkeit bei den zu ergreifenden Maßnahmen durch die
Armutsreduzierungs- und Wachstumsfazilität (PRGF) und leistet somit einen wichtigen
Beitrag zu den Armutsreduzierungs-Strategien (siehe unten).
III. IWF-Maßnahmen und
Armutsreduzierung
4. Gibt es überzeugende Nachweise, die belegen, dass die durch den
IWF unterstützten Strukturanpassungsprogramme tatsächlich den Lebensstandard
erhöhen?
Eine vor kurzem durchgeführte Überprüfung durch externe Experten hat
festgestellt, dass die durch die ESAF (sie wurde inzwischen durch die PRGF ersetzt)
unterstützten Strukturanpassungsprogramme zu einer spürbaren Belebung des
Wachstums in den Empfängerländern geführt haben.
Statistische Daten zeigen, dass das Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens in diesen
Ländern Ende der 90er Jahre mit 2½ Prozent pro Jahr doppelt so hoch war wie in
anderen Entwicklungsländern. Programme, die durch konzessionäre Kredite des IWF
unterstützt werden, führen zu einer Erhöhung der Produktion und zu einem
Rückgang der Inflation. Die Erfahrung in den Entwicklungsländern zeigt, dass solide
makroökonomische Politiken, offenere Märkte und günstige
Rahmenbedingungen für den Privatsektor die Grundlage dieser Verbesserungen darstellen.
Bei seiner Beratertätigkeit berücksichtigt der IWF auch ausdrücklich die
Auswirkungen der Reformen auf die schwächsten Gruppen der Gesellschaft. Das bedeutet
zum Beispiel, dass die Sozialausgaben normalerweise gesichert oder sogar erhöht werden,
selbst wenn Haushaltskürzungen notwendig sind. In der vergleichsweise geringen Anzahl
von Ländern, für die Daten vorliegen, ist die Armutsquote im Rahmen der durch den
IWF unterstützten Programme durchschnittlich um 20 Prozent gesunken.
Es ist jedoch ein schnelleres Wirtschaftswachstum erforderlich, um den Kampf gegen die
Armut zu intensivieren. Die Änderungen bei den Maßnahmen und im Ansatz im
Rahmen der PRGF legen den Schwerpunkt der Arbeit des IWF in den einkommensschwachen
Ländern auf das übergeordnete Ziel der Armutsreduzierung. Der neue Ansatz zielt
darauf ab, der Verpflichtung, die die Völkergemeinschaft auf vielen Konferenzen der
Vereinten Nationen in Bezug auf die Verringerung der absoluten Armut um die Hälfte bis
zum Jahr 2015 sowie bezüglich vieler anderer Ziele in den Bereichen Bildung, Gesundheit,
Ernährung sowie der grundlegenden Lebensqualität gemacht hat, neuen Auftrieb zu
verleihen.
5. Werden die neue (PRGF) Fazilität und die
Armutsreduzierungs-Strategien wirklich Auswirkungen auf die Wachstumsaussichten und die
Armutsverringerung in den einkommensschwachen Ländern haben?
Der Ansatz des IWF zur Unterstützung der einkommensschwachen Länder hat
sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Bis Mitte der 80er Jahre bestand das einzige zur
Verfügung stehende Instrument darin, Kredite zu Marktzinssätzen aus den
regulären Mitteln des IWF zu vergeben. Die Probleme der einkommensschwachen
Länder waren jedoch so tiefgehend, dass sie durch unsubventionierte Fazilitäten, die
auf kurzfristige Stabilisierung abzielen, nicht behoben werden konnten. Deshalb wurde also die
Kreditvergabe zur Strukturanpassung (durch die ESAF) das Schlüsselinstrument. Und seit
dieser Zeit wurden beträchtliche Fortschritte erzielt. Im Laufe der Jahre und in
Zusammenarbeit mit der Weltbank wurden soziale Belange in diesen Programmen immer
stärker in den Vordergrund gerückt, insbesondere durch die Berücksichtigung
sozialer Sicherheitsnetze sowie durch Ausgaben für Gesundheit und Bildung.
Die Fortschritte bei der Armutsverringerung waren jedoch immer noch viel zu langsam. Die
PRGF vereint vier Grundelemente, die im alten ESAF-Rahmen nicht ausreichend
berücksichtigt wurden und wesentlich für die durch die Weltbank und den IWF
unterstützten Strategien sind.
- die Armutsverringerung ist das ausdrückliche und zentrale Ziel der
Wirtschaftspolitik;
- die ,,breite Zustimmung" der Länder zu den Politiken wird viel stärker
in den Vordergrund gerückt;
- es wird ein partizipatorischer Ansatz bei der Festlegung der Maßnahmen
angenommen, um dafür Sorge zu tragen, dass die Zivilgesellschaft bei der Erarbeitung der
Armutsreduzierungs-Strategien uneingeschränkt vertreten ist. Dadurch werden die Armen
besser an den Vorzügen des Wachstums beteiligt;
- eine verstärkte Koordinierung zwischen den Gebern ist wesentlich, was bedeutet,
dass die Weltbank und andere Institutionen ihre Fachkenntnisse zur Armutsreduzierung einsetzen
können, während der IWF Beratung bei der makroökonomischen Politik und
der Reform bereitstellt.
IV. Die Rolle und die Reform des IWF
6. Leidet der IWF nicht an ,,Aufgabenhäufung", indem er bei zu
vielen nicht zentralen Themen tätig wird? Warum konzentriert sich der IWF nicht einfach
auf sein Mandat?
Die Zahl der IWF-Mitglieder hat sich seit seiner Gründung vervierfacht, und er ist
dementsprechend vielfältiger geworden. Gleichzeitig hat sich die Weltwirtschaft immer
stärker integriert, und die wirtschaftspolitischen Herausforderungen sind vielschichtiger
geworden und erfordern häufig schnellere Antworten. Das Gefälle zwischen reichen
und armen Ländern sowie zwischen reichen und armen Menschen innerhalb der
Länder ist größer geworden. In dieser einem raschen Wandel unterworfenen
Welt sind die Volkswirtschaften stärker von einander abhängig, die Probleme sind
miteinander verflochten, und die Lösungen müssen in einem Rahmen der
Zusammenarbeit gefunden werden. Es ist nur natürlich, dass sich der IWF weiter
entwickelt, um den Bedürfnissen seiner Mitglieder in einer sich ändernden
Weltwirtschaft gerecht werden zu können. Dies steht im Einklang mit den im
IWF-Übereinkommen festgelegten Zielen, die internationale Stabilität und das
Wachstum zu fördern.
Der IWF spielt aus zwei wichtigen Gründen eine solche Schlüsselrolle in vielen
unterschiedlichen Bereichen. Erstens, die makroökonomischen Maßnahmen und die
Finanzpolitik hängen mit fast allen anderen Politikbereichen und den Erwartungen der
einzelnen Länder zusammen. So erfordert Armutsreduzierung zum Beispiel
Wirtschaftswachstum, das wiederum makroökonomische und finanzielle Stabilität,
einschließlich niedriger Inflation, erfordert. Es gibt eindeutige Nachweise dafür, dass
eine niedrige Inflation den Armen dient. Der IWF kann deshalb einen wichtigen Beitrag zur
Armutsreduzierung leisten. Diese Rolle ist sinnvoll in den ärmsten Ländern, selbst
wenn die konkrete Ausgestaltung der Sozialpolitik durch andere Institutionen erfolgt. Zweitens,
der IWF ist die einzige internationale Institution mit einem Mandat, das ihn
regelmäßig dazu veranlasst, mit fast allen Ländern einen aktiven Dialog
über die Wirtschaftspolitik zu führen. Dadurch wird er zu einem natürlichen
Instrument zur Diskussion über einige der Schlüsselfragen in Bezug auf die
Stabilität des internationalen Währungs- und Finanzsystems, wie zum Beispiel
Standards und Kodizes sowie die Folgen eines schnellen Kapitalverkehrs.
7. Weshalb schenkt der IWF sozialen Themen, der Umwelt, den politischen
Institutionen und der Kultur der Länder nicht mehr Aufmerksamkeit, wenn er Kredite an
die Länder vergibt und sie in Bezug auf die zu ergreifenden Maßnahmen
berät?
Diese Themen spielen bei der Kreditvergabe und der Beratertätigkeit des IWF eine
immer wichtigere Rolle. IWF-unterstützte Programme zielen darauf ab, den universellen
Zugang zu grundlegenden sozialen Diensten zu fördern. Dies ist in der Tat ein wesentliches
Merkmal der neuen PRGF des IWF. Sie stützt sich auf die Fortschritte seit Beginn der
strukturellen Kreditvergabe durch den IWF Mitte der 80er Jahre. In diesem Zeitraum sind die
Regierungsausgaben für Bildung und Gesundheitsversorgung in den 66
einkommensschwachen Ländern mit IWF-unterstützten Programmen im Durchschnitt
sowohl als Prozentsatz des BIP als auch real pro Kopf gestiegen.
Außerdem berücksichtigen IWF-unterstützte Programme auch häufig
Umweltfragen. Dies ist der Fall, wenn Umweltzerstörung direkte makroökonomische
Auswirkungen hat; zum Beispiel wenn die Zerstörung natürlicher Ressourcen wie
Wald und Fischbestände die Aussichten eines Landes für nachhaltiges Wachstum
beeinträchtigt.
Ferner zielen viele Kernelemente der PRGF darauf ab, die institutionelle und kulturelle
Situation der Länder, die IWF-Mittel verwenden, zu berücksichtigen. Dazu
gehören die steigende Bedeutung der Armutsreduzierung, der Transparenz und der
Regierungsführung durch einen Prozess, der die breite Zustimmung der Länder und
einen partizipatorischen Ansatz bei der Festlegung der Politiken betont.
Das Mandat und die Fachkenntnisse des IWF liegen im Bereich des internationalen
Währungssystems und der makroökonomischen Politik. Die begrenzten Kenntnisse
des IWF in anderen Bereichen bedeuten, dass er nicht die Federführung dabei
übernehmen kann, Länder bei der konkreten Ausgestaltung der Sozialausgaben, der
Umweltpolitik oder der vielen Aspekte der institutionellen Reform zu beraten. Er
überlässt es anderen Organisationen, insbesondere der Weltbank, sowie den
regionalen Entwicklungsbanken, der Welthandelsorganisation und dem UN-System, die
Führungsrolle einzunehmen, wenn es darum geht, mit den Ländern die erforderlichen
Politiken im Einzelnen festzulegen. Ein umfassender Ansatz gibt jedoch allen Beteiligten die
Gewissheit, dass die vielen verschiedenen Aspekte der Maßnahmen in einem umfassenden,
in sich schlüssigen Rahmen nationaler Ziele umgesetzt werden, die von den nationalen
Regierungen ,,mitgetragen" werden.
8. Was leistet der IWF, um sich selbst zu reformieren?
Die lange Reformgeschichte des IWF wird fortgesetzt in einer Zeit, in der der IWF sich selbst
an den raschen Wandel in der Weltwirtschaft anpasst. Die Reform des IWF ist ein wesentliches
Element im Prozess der Stärkung des internationalen Finanzsystems. Es geht dabei um
folgende Kernelemente:
- Die Überwachung ändert sich, um neue Standards und Codes für
die Durchführung von Maßnahmen in Bereichen wie Solidität des
Finanzsektors, Transparenz der Fiskal-, Geld- und Finanzpolitik sowie Bereitstellung von Daten
zu berücksichtigen.
- Die Transparenz wird durch die weitgehende Veröffentlichung von Informationen
und Daten über die Politiken der Länder und die durch den IWF unterstützten
Programme gefördert. Der IWF stellt der Öffentlichkeit mehr Informationen
über seine eigene Geschäftstätigkeit und seine Finanzlage zur
Verfügung.
- Der IWF ist dank der Schaffung der Fazilität zur Stärkung von
Währungsreserven und der Vorsorglichen Kreditlinie (CCL), einer Fazilität, die
darauf abzielt Ansteckungseffekte zu vermeiden, heute besser in der Lage, auf Krisen zu
reagieren.
- Die konzessionäre Unterstützung des IWF an die einkommensschwachen
Länder erhielt im September 1999 eine neue Ausrichtung, als die ESAF durch die PRGF
ersetzt wurde.
- Der IWF spielt eine Schlüsselrolle bei der Erweiterung der Initiative für die
hochverschuldeten armen Länder, die darauf abzielt, Ländern, die eine solide Politik
verfolgen und sich zu Reformen verpflichten, tiefer gehende, schnellere und weiter reichende
Schuldenerleichterung zu gewähren.
- Ebenso wie neue Fazilitäten ergänzt werden, um auf neue Bedürfnisse
einzugehen, laufen alte Fazilitäten aus. So hat das Exekutivdirektorium vor kurzem vier
Fazilitäten, die hinfällig geworden waren, auslaufen lassen.
- Zur Zeit läuft eine aktive Überprüfung, um Mittel und Wege zu
finden, Schutzvorkehrungen für die Verwendung von IWF-Mitteln noch weiter zu
stärken.
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