Diskussionsunterlagen
2000


Die Logik der Schuldenerleichterung für die ärmsten Länder

Globalisierung: Bedrohung oder Chance?

IWF-Reform: Wandel und Kontinuität



00/03(G)
Schuldenerleichterung, Globalisierung und IWF-Reform: Fragen und Antworten
Der IWF-Stab

12. April 2000

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I Schuldenerleichterung und die HIPC-Initiative
II Globalisierung
III IWF-Maßnahmen und Armutsreduzierung
IV Die Rolle und die Reform des IWF


I.  Schuldenerleichterung und die HIPC-Initiative

1.  Die Unterstützung in der Öffentlichkeit für einen Schuldenerlass zu Gunsten der ärmsten Länder der Welt wird immer größer. Warum kann der IWF (und die Weltbank sowie die Völkergemeinschaft) die gesamten Schulden nicht einfach abschreiben?

Der IWF setzt sich entschlossen für großzügige Schuldenerleichterung für die ärmsten Länder ein, wenn sie Teil einer nachhaltigen Strategie zur Verbesserung der Lebensbedingungen ist. Schuldenerleichterung allein kann die Armut nicht verringern: Armut gab es bereits vor der Verschuldung, und eine Schuldenerleichterung, die für unproduktive Ausgaben verschwendet wird, kann den Armen keinen Nutzen bringen. Der IWF zielt darauf ab, Ländern dabei zu helfen, die Politiken zu ergreifen, die dazu führen können, dass Schuldenreduzierung den Armen dient.

Viele einkommensschwache Länder haben mit einer unüberwindbaren Schuldenlast und einer erdrückenden Armut zu kämpfen. Schuldenerleichterung oder -erlass sollte ein integraler Teil von Anstrengungen zum Abbau ihrer Armut sein. Sie kann nur dann wirksam sein, wenn sie mit geeigneten Politiken in den Ländern selbst und in den Geberländern einhergeht, einschließlich Handelszugeständnisse und weitere Entwicklungshilfe.

Bereits vor der Initiative für die hochverschuldeten einkommensschwachen Länder (HIPCs) im Jahre 1996 hatten einkommensschwache Länder Anspruch auf konzessionäre Schuldenerleichterung von Seiten der Gläubigerländer durch das bestehende Instrumentarium für Schuldenerleichterung, den Pariser Club. Die ursprüngliche HIPC-Initiative erhöhte die konzessionäre Erleichterung und erweiterte den Umfang auf Schulden an multilaterale Organisationen (Weltbank, IWF sowie regionale Entwicklungsbanken). Die Erweiterung der HIPC-Initiative im Jahre 1999 verbessert die Vorzugsbedingungen noch weiter - schneller, umfassender und tiefer.

Der IWF spielt eine Führungsrolle in der HIPC-Initiative und begrüßt das Angebot mehrerer Gläubiger, alle Schulden der HIPCs abzuschreiben. Die völlige Streichung aller Schulden (einschließlich der Schulden an den IWF und die anderen multilateralen Institutionen) wirft jedoch vielschichtige Fragen auf:

  • Eine Schuldenreduzierung oder -streichung, wie großzügig sie auch sein mag, bietet nur eine vorübergehende Erleichterung, wenn sie nicht mit Maßnahmen einhergeht, die darauf abzielen, die dem Problem zugrunde liegenden Bedingungen zu verbessern. Ein umfassender Ansatz ist erforderlich, um ein dauerhaftes, schnelles Wachstum und Armutsreduzierung zu fördern. Dieser Ansatz sollte auch Anstrengungen der jeweiligen Länder in der Form von politischen Reformen sowie Maßnahmen der übrigen Welt enthalten. Dazu gehören Handelszugeständnisse der fortgeschrittenen Volkswirtschaften sowie weitere Entwicklungshilfe und Schuldenerleichterung.

  • Es wäre unfair, wenn der IWF und andere multilaterale Institutionen die Schulden einer bestimmten Gruppe von armen Ländern abschreibt, aber gar nichts für andere Länder tut, die genauso arm sind, aber eine solide Politik verfolgen und deshalb ihre Schulden bewältigen können. Es ist außerdem keineswegs erwiesen, dass ein vollständiges Abschreiben aller Schulden zu größeren Nettoströmen an Hilfe oder anderen Finanzmitteln führt. Wir benötigen eine umfassendere und besser gezielte Entwicklungshilfe zur Unterstützung der eigenen wachstumsorientierten Armutsreduzierungs-Strategien der armen Länder selbst.

  • Schuldenerleichterung bringt finanzielle Kosten mit sich, die dringend erforderliche weitere Finanzhilfe an die HIPC-Länder und an andere arme Länder nicht gefährden dürfen. Der IWF muss ein Höchstmaß an finanzieller Integrität wahren. Die durch die IWF-Teilnahme an der HIPC-Initiative entstehenden Kosten werden durch Gewinne aus den außerbörslichen Goldtransaktionen sowie durch Beiträge von mehr als 93 Ländern gedeckt. Der IWF ist nicht befugt, einfach weitere Schulden aus seinen Eigenmitteln abzuschreiben, wenn er dadurch seine Fähigkeit gefährdet, an andere bedürftige Länder Kredite zu vergeben. Weitreichende neue Mittelzusagen von Seiten der fortgeschrittenen Volkswirtschaften wären erforderlich, aber der Rückgang der öffentlichen Entwicklungshilfe dieser Länder in den letzten Jahren zeigt die Haushaltszwänge, vor denen sie stehen.

II.  Globalisierung

2.  Wie reagieren Sie auf den Vorwurf, die Globalisierung schaffe Ungleichheit—Arbeitsplätze für die wenigen Begünstigten in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften, während es den multinationalen Unternehmen ermöglicht wird, die Menschen mit den niedrigsten Löhnen in den ärmsten Ländern auszubeuten?

Die Globalisierung führt zu Wirtschaftswachstum und höheren Einkommen. Bisher hat noch kein Land für einen längeren Zeitraum von einer Abschottung profitiert, und die Länder, die den größten Wohlstand erreicht haben, haben sich der Globalisierung sowie der Politiken, die sie funktionsfähig machen, geöffnet. Nach außen gerichtete Politiken haben Dynamik und Wohlstand in einen großen Teil Ost- und Südostasiens gebracht. Diese Erfahrung zeigt, dass die Globalisierung große Chancen für eine wirkliche weltweite Entwicklung bietet. Sie verläuft jedoch keineswegs gleichmäßig, und Länder, die sich langsamer integrieren, weisen ein schwächeres Wachstum und größere Armut auf.

Ein sehr wichtiger Grund für die Zunahme der weltweiten Ungleichheit—wobei es einigen Ländern überaus gut geht und anderen schlecht—besteht darin, dass viele Länder die Globalisierung und die für ihre Nutzung erforderlichen Politiken abgelehnt haben. In den 70er und 80er Jahren, als viele Länder Lateinamerikas und Afrikas nach innen gerichtete Politiken verfolgten, stagnierten oder schrumpften ihre Volkswirtschaften, vergrößerte sich die Armut und in einigen Fällen kam es zu Hyperinflation. In dem Maße, in dem diese Regionen ihre Politiken geändert haben, hat sich ihr Einkommen erhöht. Nach Jahrzehnten des Niedergangs steigt das reale Pro-Kopf-Einkommen in Afrika wieder leicht. Die Entwicklung zu Offenheit und solider Wirtschaftspolitik sowie entschlossene Maßnahmen zu Gunsten der Armen sind wesentliche Bestandteile effektiver Strategien zur Reduzierung der Armut in den einkommensschwachen Ländern (siehe Fragen 3 und 5 weiter unten).

Den Industriestaaten erwachsen ebenfalls Vorteile aus der Globalisierung, weil der internationale Wettbewerb zu neuen und höherwertigen Produkten und damit zu einem höheren Lebensstandard führt. Die große Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze und die außergewöhnlich niedrige Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten sowie eine Verbesserung der Lage in Europa verweisen auf einen dynamischen wirtschaftlichen Wandel, der durch die Globalisierung gefördert und nicht behindert wird. Zugegeben, manchmal gehen auch Arbeitsplätze verloren, wenn traditionelle Industriezweige an Bedeutung verlieren, diese Verluste werden jedoch eindeutig durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze in neuen Industriebereichen ausgeglichen. Bildung, Ausbildung und soziale Sicherheitsnetze unterstützen die Arbeitnehmer, die durch den wirtschaftlichen Strukturwandel in Mitleidenschaft gezogen werden.

Der IWF hat das Ziel, den Ländern dabei zu helfen, die Politiken durchzuführen, die die Globalisierung funktionsfähig gestalten—makroökonomische Maßnahmen und eine Strukturpolitik, die die Funktionsfähigkeit der Märkte verbessern, soziale Sicherheitsnetze. Die Internationale Arbeitsorganisation setzt sich für eine Förderung der Kernarbeitsnormen ein, die darauf abzielen, die Ausbeutung der Arbeitnehmer zu verringern, insbesondere die Praktiken der Kinderarbeit und der Zwangsarbeit. Der IWF unterstützt diese Anstrengungen uneingeschränkt. Ausländische Unternehmen sind eine wichtige Quelle für Direktinvestitionen in Entwicklungsländer. Diese Investitionen führen zu größerer Produktivität, zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zu höheren Einkommen. Wenn die Löhne und Arbeitsnormen zu schnell auf das Niveau der fortgeschrittenen Volkswirtschaften gehoben werden, würde dies sehr wahrscheinlich dazu führen, dass Arbeitsplätze verloren gehen, da sie zu teuer werden. Es geht vielmehr darum, dass sie im Laufe der Zeit langsam aufholen; und dies ist in Ländern, die ihre Volkswirtschaft geöffnet haben, tatsächlich der Fall. Die Herausforderung besteht darin, die einkommensschwachen Länder, insbesondere in Afrika, an diesen Vorteilen teilhaben zu lassen.

3.  Wie können die armen Länder gegenüber der übrigen Welt aufholen?

Es gibt kein Einheitsrezept für die hohen Wachstumsraten, die für ein rasches Aufholen erforderlich sind, und die konkreten Politiken unterscheiden sich in den einzelnen Ländern. Die wichtigsten Elemente einer Strategie beinhalten Anstrengungen der einkommensschwachen Länder, der fortgeschrittenen Volkswirtschaften und der internationalen Organisationen wie dem IWF.

Die einkommensschwachen Länder können:

  • das Wachstum durch Politiken im eigenen Lande stärken, die die makroökonomische Stabilität und die Marktkräfte fördern, indem sie Handelsbeschränkungen aufheben, Subventionen abbauen, die Qualität der Regierungsstellen verbessern und die Rechts- sowie Finanzinstitutionen stärken;

  • die Armut durch ,,vom Lande mitgetragene" Strategien verringern, die Politiken zu Gunsten der Armen fördern und die mit ausreichenden Haushaltsmitteln ausgestattet sind—einschließlich Gesundheit, Bildung und umfassender sozialer Sicherheitsnetze. Ein partizipatorischer Ansatz, darunter ein Dialog mit der Zivilgesellschaft, erhöhen die Erfolgsaussichten dabei beträchtlich.

Die fortgeschrittenen Volkswirtschaften können:

  • ihre eigene Handelspolitik reformieren und neue Märkte für die Exporte aus den armen Ländern öffnen;

  • die inländischen Subventionen in Wirtschaftszweigen wie Landwirtschaft und Textilien, in denen die armen Länder die besten Erfolgsaussichten haben, senken;

  • nicht nur die Schuldenerleichterung zur Unterstützung solider Politiken sondern auch die öffentliche Entwicklungshilfe erhöhen und somit die rückläufige Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte umkehren. Sie könnten außerdem die Effizienz dieser Hilfe erhöhen, indem sie sie weniger stark an ihre eigenen Exporte binden und indem sie ihre Hilfe und Schuldenerleichterung besser mit der Armutsreduzierungs-Strategie der einzelnen Länder koordinieren.

Der IWF, die Weltbank und die anderen multilateralen Institutionen bemühen sich gemeinsam, die Anstrengungen der einkommensschwachen Länder zu unterstützen, indem sie ihre Zusammenarbeit noch intensivieren. Der IWF bietet seine finanzielle und technische Hilfe sowie seine Beratertätigkeit bei den zu ergreifenden Maßnahmen durch die Armutsreduzierungs- und Wachstumsfazilität (PRGF) und leistet somit einen wichtigen Beitrag zu den Armutsreduzierungs-Strategien (siehe unten).

III.  IWF-Maßnahmen und Armutsreduzierung

4.  Gibt es überzeugende Nachweise, die belegen, dass die durch den IWF unterstützten Strukturanpassungsprogramme tatsächlich den Lebensstandard erhöhen?

Eine vor kurzem durchgeführte Überprüfung durch externe Experten hat festgestellt, dass die durch die ESAF (sie wurde inzwischen durch die PRGF ersetzt) unterstützten Strukturanpassungsprogramme zu einer spürbaren Belebung des Wachstums in den Empfängerländern geführt haben.

Statistische Daten zeigen, dass das Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens in diesen Ländern Ende der 90er Jahre mit 2½ Prozent pro Jahr doppelt so hoch war wie in anderen Entwicklungsländern. Programme, die durch konzessionäre Kredite des IWF unterstützt werden, führen zu einer Erhöhung der Produktion und zu einem Rückgang der Inflation. Die Erfahrung in den Entwicklungsländern zeigt, dass solide makroökonomische Politiken, offenere Märkte und günstige Rahmenbedingungen für den Privatsektor die Grundlage dieser Verbesserungen darstellen.

Bei seiner Beratertätigkeit berücksichtigt der IWF auch ausdrücklich die Auswirkungen der Reformen auf die schwächsten Gruppen der Gesellschaft. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Sozialausgaben normalerweise gesichert oder sogar erhöht werden, selbst wenn Haushaltskürzungen notwendig sind. In der vergleichsweise geringen Anzahl von Ländern, für die Daten vorliegen, ist die Armutsquote im Rahmen der durch den IWF unterstützten Programme durchschnittlich um 20 Prozent gesunken.

Es ist jedoch ein schnelleres Wirtschaftswachstum erforderlich, um den Kampf gegen die Armut zu intensivieren. Die Änderungen bei den Maßnahmen und im Ansatz im Rahmen der PRGF legen den Schwerpunkt der Arbeit des IWF in den einkommensschwachen Ländern auf das übergeordnete Ziel der Armutsreduzierung. Der neue Ansatz zielt darauf ab, der Verpflichtung, die die Völkergemeinschaft auf vielen Konferenzen der Vereinten Nationen in Bezug auf die Verringerung der absoluten Armut um die Hälfte bis zum Jahr 2015 sowie bezüglich vieler anderer Ziele in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Ernährung sowie der grundlegenden Lebensqualität gemacht hat, neuen Auftrieb zu verleihen.

5.  Werden die neue (PRGF) Fazilität und die Armutsreduzierungs-Strategien wirklich Auswirkungen auf die Wachstumsaussichten und die Armutsverringerung in den einkommensschwachen Ländern haben?

Der Ansatz des IWF zur Unterstützung der einkommensschwachen Länder hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Bis Mitte der 80er Jahre bestand das einzige zur Verfügung stehende Instrument darin, Kredite zu Marktzinssätzen aus den regulären Mitteln des IWF zu vergeben. Die Probleme der einkommensschwachen Länder waren jedoch so tiefgehend, dass sie durch unsubventionierte Fazilitäten, die auf kurzfristige Stabilisierung abzielen, nicht behoben werden konnten. Deshalb wurde also die Kreditvergabe zur Strukturanpassung (durch die ESAF) das Schlüsselinstrument. Und seit dieser Zeit wurden beträchtliche Fortschritte erzielt. Im Laufe der Jahre und in Zusammenarbeit mit der Weltbank wurden soziale Belange in diesen Programmen immer stärker in den Vordergrund gerückt, insbesondere durch die Berücksichtigung sozialer Sicherheitsnetze sowie durch Ausgaben für Gesundheit und Bildung.

Die Fortschritte bei der Armutsverringerung waren jedoch immer noch viel zu langsam. Die PRGF vereint vier Grundelemente, die im alten ESAF-Rahmen nicht ausreichend berücksichtigt wurden und wesentlich für die durch die Weltbank und den IWF unterstützten Strategien sind.

  • die Armutsverringerung ist das ausdrückliche und zentrale Ziel der Wirtschaftspolitik;

  • die ,,breite Zustimmung" der Länder zu den Politiken wird viel stärker in den Vordergrund gerückt;

  • es wird ein partizipatorischer Ansatz bei der Festlegung der Maßnahmen angenommen, um dafür Sorge zu tragen, dass die Zivilgesellschaft bei der Erarbeitung der Armutsreduzierungs-Strategien uneingeschränkt vertreten ist. Dadurch werden die Armen besser an den Vorzügen des Wachstums beteiligt;

  • eine verstärkte Koordinierung zwischen den Gebern ist wesentlich, was bedeutet, dass die Weltbank und andere Institutionen ihre Fachkenntnisse zur Armutsreduzierung einsetzen können, während der IWF Beratung bei der makroökonomischen Politik und der Reform bereitstellt.

IV.  Die Rolle und die Reform des IWF

6.  Leidet der IWF nicht an ,,Aufgabenhäufung", indem er bei zu vielen nicht zentralen Themen tätig wird? Warum konzentriert sich der IWF nicht einfach auf sein Mandat?

Die Zahl der IWF-Mitglieder hat sich seit seiner Gründung vervierfacht, und er ist dementsprechend vielfältiger geworden. Gleichzeitig hat sich die Weltwirtschaft immer stärker integriert, und die wirtschaftspolitischen Herausforderungen sind vielschichtiger geworden und erfordern häufig schnellere Antworten. Das Gefälle zwischen reichen und armen Ländern sowie zwischen reichen und armen Menschen innerhalb der Länder ist größer geworden. In dieser einem raschen Wandel unterworfenen Welt sind die Volkswirtschaften stärker von einander abhängig, die Probleme sind miteinander verflochten, und die Lösungen müssen in einem Rahmen der Zusammenarbeit gefunden werden. Es ist nur natürlich, dass sich der IWF weiter entwickelt, um den Bedürfnissen seiner Mitglieder in einer sich ändernden Weltwirtschaft gerecht werden zu können. Dies steht im Einklang mit den im IWF-Übereinkommen festgelegten Zielen, die internationale Stabilität und das Wachstum zu fördern.

Der IWF spielt aus zwei wichtigen Gründen eine solche Schlüsselrolle in vielen unterschiedlichen Bereichen. Erstens, die makroökonomischen Maßnahmen und die Finanzpolitik hängen mit fast allen anderen Politikbereichen und den Erwartungen der einzelnen Länder zusammen. So erfordert Armutsreduzierung zum Beispiel Wirtschaftswachstum, das wiederum makroökonomische und finanzielle Stabilität, einschließlich niedriger Inflation, erfordert. Es gibt eindeutige Nachweise dafür, dass eine niedrige Inflation den Armen dient. Der IWF kann deshalb einen wichtigen Beitrag zur Armutsreduzierung leisten. Diese Rolle ist sinnvoll in den ärmsten Ländern, selbst wenn die konkrete Ausgestaltung der Sozialpolitik durch andere Institutionen erfolgt. Zweitens, der IWF ist die einzige internationale Institution mit einem Mandat, das ihn regelmäßig dazu veranlasst, mit fast allen Ländern einen aktiven Dialog über die Wirtschaftspolitik zu führen. Dadurch wird er zu einem natürlichen Instrument zur Diskussion über einige der Schlüsselfragen in Bezug auf die Stabilität des internationalen Währungs- und Finanzsystems, wie zum Beispiel Standards und Kodizes sowie die Folgen eines schnellen Kapitalverkehrs.

7.  Weshalb schenkt der IWF sozialen Themen, der Umwelt, den politischen Institutionen und der Kultur der Länder nicht mehr Aufmerksamkeit, wenn er Kredite an die Länder vergibt und sie in Bezug auf die zu ergreifenden Maßnahmen berät?

Diese Themen spielen bei der Kreditvergabe und der Beratertätigkeit des IWF eine immer wichtigere Rolle. IWF-unterstützte Programme zielen darauf ab, den universellen Zugang zu grundlegenden sozialen Diensten zu fördern. Dies ist in der Tat ein wesentliches Merkmal der neuen PRGF des IWF. Sie stützt sich auf die Fortschritte seit Beginn der strukturellen Kreditvergabe durch den IWF Mitte der 80er Jahre. In diesem Zeitraum sind die Regierungsausgaben für Bildung und Gesundheitsversorgung in den 66 einkommensschwachen Ländern mit IWF-unterstützten Programmen im Durchschnitt sowohl als Prozentsatz des BIP als auch real pro Kopf gestiegen.

Außerdem berücksichtigen IWF-unterstützte Programme auch häufig Umweltfragen. Dies ist der Fall, wenn Umweltzerstörung direkte makroökonomische Auswirkungen hat; zum Beispiel wenn die Zerstörung natürlicher Ressourcen wie Wald und Fischbestände die Aussichten eines Landes für nachhaltiges Wachstum beeinträchtigt.

Ferner zielen viele Kernelemente der PRGF darauf ab, die institutionelle und kulturelle Situation der Länder, die IWF-Mittel verwenden, zu berücksichtigen. Dazu gehören die steigende Bedeutung der Armutsreduzierung, der Transparenz und der Regierungsführung durch einen Prozess, der die breite Zustimmung der Länder und einen partizipatorischen Ansatz bei der Festlegung der Politiken betont.

Das Mandat und die Fachkenntnisse des IWF liegen im Bereich des internationalen Währungssystems und der makroökonomischen Politik. Die begrenzten Kenntnisse des IWF in anderen Bereichen bedeuten, dass er nicht die Federführung dabei übernehmen kann, Länder bei der konkreten Ausgestaltung der Sozialausgaben, der Umweltpolitik oder der vielen Aspekte der institutionellen Reform zu beraten. Er überlässt es anderen Organisationen, insbesondere der Weltbank, sowie den regionalen Entwicklungsbanken, der Welthandelsorganisation und dem UN-System, die Führungsrolle einzunehmen, wenn es darum geht, mit den Ländern die erforderlichen Politiken im Einzelnen festzulegen. Ein umfassender Ansatz gibt jedoch allen Beteiligten die Gewissheit, dass die vielen verschiedenen Aspekte der Maßnahmen in einem umfassenden, in sich schlüssigen Rahmen nationaler Ziele umgesetzt werden, die von den nationalen Regierungen ,,mitgetragen" werden.

8.  Was leistet der IWF, um sich selbst zu reformieren?

Die lange Reformgeschichte des IWF wird fortgesetzt in einer Zeit, in der der IWF sich selbst an den raschen Wandel in der Weltwirtschaft anpasst. Die Reform des IWF ist ein wesentliches Element im Prozess der Stärkung des internationalen Finanzsystems. Es geht dabei um folgende Kernelemente:

  • Die Überwachung ändert sich, um neue Standards und Codes für die Durchführung von Maßnahmen in Bereichen wie Solidität des Finanzsektors, Transparenz der Fiskal-, Geld- und Finanzpolitik sowie Bereitstellung von Daten zu berücksichtigen.

  • Die Transparenz wird durch die weitgehende Veröffentlichung von Informationen und Daten über die Politiken der Länder und die durch den IWF unterstützten Programme gefördert. Der IWF stellt der Öffentlichkeit mehr Informationen über seine eigene Geschäftstätigkeit und seine Finanzlage zur Verfügung.

  • Der IWF ist dank der Schaffung der Fazilität zur Stärkung von Währungsreserven und der Vorsorglichen Kreditlinie (CCL), einer Fazilität, die darauf abzielt Ansteckungseffekte zu vermeiden, heute besser in der Lage, auf Krisen zu reagieren.

  • Die konzessionäre Unterstützung des IWF an die einkommensschwachen Länder erhielt im September 1999 eine neue Ausrichtung, als die ESAF durch die PRGF ersetzt wurde.

  • Der IWF spielt eine Schlüsselrolle bei der Erweiterung der Initiative für die hochverschuldeten armen Länder, die darauf abzielt, Ländern, die eine solide Politik verfolgen und sich zu Reformen verpflichten, tiefer gehende, schnellere und weiter reichende Schuldenerleichterung zu gewähren.

  • Ebenso wie neue Fazilitäten ergänzt werden, um auf neue Bedürfnisse einzugehen, laufen alte Fazilitäten aus. So hat das Exekutivdirektorium vor kurzem vier Fazilitäten, die hinfällig geworden waren, auslaufen lassen.

  • Zur Zeit läuft eine aktive Überprüfung, um Mittel und Wege zu finden, Schutzvorkehrungen für die Verwendung von IWF-Mitteln noch weiter zu stärken.