Diskussionsunterlagen
2000


Globalization and Growth in the Twentieth Century, IMF Working Paper, WP/00/44
April 2000



00/04(G)
Der IWF und Umweltfragen
Von IWF-Mitarbeitern

13. April 2000

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I Die Rolle des IWF und Maßnahmen zur Umweltpolitik
II Maßnahmen zur Lösung von Umweltproblemen

Der Abbau von Preisverzerrungen, der garantieren soll, dass die Preise die von wirtschaftlichen Tätigkeiten verursachten Umweltauswirkungen besser widerspiegeln, sowie die makroökonomische Stabilität werden im Allgemeinen als den Umweltschutz unterstützende Faktoren angesehen. Die makroökonomische Stabilität stellt jedoch nicht immer eine hinreichende Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung dar, da das Wachstum angesichts der Strukturprobleme, die auf unzureichende Bestimmungen oder deren mangelnde Durchsetzung oder auf Politik- oder Marktversagen beruhen, negative Auswirkungen auf die Umwelt haben kann. Dies hat oftmals einen bedeutenden Einfluss auf die wirtschaftspolitische Beratung des IWF. Der IWF arbeitet hinsichtlich dieser Frage mit der Weltbank und anderen internationalen Organisationen zusammen, um ein besseres Verständnis des Wechselspiels zwischen Wirtschaftspolitik und Umweltveränderungen zu erlangen. In dieser Abhandlung wird die dem IWF eigene Rolle hinsichtlich Umweltfragen behandelt und Beispiele zu bestimmten Ländern gegeben, wodurch die Beratungstendenz des Fonds in diesem Bereich beleuchtet wird.

I.  Die Rolle des IWF und Massnahmen zur Umweltpolitik

Der wichtigste Auftrag des IWF besteht darin, die geldpolitische Zusammenarbeit auf internationaler Ebene, ein ausgeglichenes Wachstum des internationalen Handels und die Stabilität der Wechselkurs-arrangements zu unterstützen. Durch die Förderung von Maßnahmen zur Erfüllung dieses Auftrags trägt der IWF zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen und menschlichen Entwicklung bei. Der IWF führt zur Erreichung dieser Ziele mit seinen Mitgliedern auf verschiedenen Wegen Grundsatzdialoge:

  • Beobachtung der Wirtschaftspolitik von Mitgliedsländern,

  • Stabilisierungs- und Anpassungsprogramme, die Mitgliedern, die makroökonomische Ungleichgewichte bekämpfen und Strukturreformen durchführen, finanzielle Hilfe gewähren

  • und ein umfassendes technisches Hilfsprogramm.

In den letzten Jahren wurden Umweltthemen mit bedeutenden makroökonomischen Auswirkungen als wesentlicher Bestandteil dieses Grundsatzdialoges behandelt.

Die Ratschläge des Fonds zu Umweltfragen wurden in enger Zusammenarbeit mit der Weltbank erarbeitet. Während die Weltbank einen breiten Fächer technischer Ratschläge zu Umweltfragen gibt, ist der Auftrag des Fonds in diesem Bereich auf Situationen beschränkt, in denen sich Umweltprobleme auf die makroökonomische Stabilität und ein nachhaltiges Wachstum auswirken. Während dieser Bezug in einigen Fällen auf der Hand liegt, wird zumeist davon ausgegangen, dass der Zusammenhang zwischen Umweltproblemen und der makroökonomischen Stabilität vielschichtig und äußerst komplex ist - eine Tatsache, die Verallgemeinerungen über die Umweltauswirkungen der Stabilisierungspolitik ausschließt. Die Komplexität wird noch vergrößert, da die Verknüpfungen wechselseitig sind: solide makroökonomische Politiken können eine erhebliche Verbesserung der Umweltsituation bedeuten, und eine nicht aufrechtzuerhaltende Umweltpolitik birgt die Gefahr, dass die wirtschaftliche und soziale Lage eines Landes, z.B. durch eine allzu rasche Erschöpfung seiner Naturschätze, ernsthaft unterwandert wird.

II.  Massnahmen zur Lösung von Umweltproblemen

Der Dialog des Fonds mit Mitgliedsländern zu Umweltfragen befasst sich hauptsächlich mit kurzfristigen Maßnahmen, die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Stabilität und vor allem auf Fragen zum Steuerwesen und zur Preisgestaltung haben.

Durch Preissignale, die die Auswirkungen von wirtschaftlichen Tätigkeiten auf die Umwelt nicht richtig einstufen, entstehen erhebliche Umweltschäden, wodurch negative wirtschaftliche Anreize entstehen. Im Rahmen seiner Programme fordert der IWF normalerweise im Vorhinein Korrekturen in der Preis-politik, insbesondere durch Einführung einer am Markt orientierten Preisgestaltung durch die Streichung von Subventionen für umweltschädigende Stoffe, wie Kohle oder Benzin. Dies wird in weiten Kreisen als bedeutender Beitrag zur raschen Verbesserung der Luftverschmutzung in vielen Übergangsländern betrachtet. Diese Maßnahmen wirken sich nicht nur korrigierend auf verzerrende Anreize aus und verbessern die Allokationseffizienz, sondern sie stellen ggf. auch die Mittel für einen ausgeglicheneren Haushalt bereit oder machen Haushaltsmittel frei für produktivere öffentliche Ausgaben. Während eine marktorientierte Preisgestaltung als Leitlinie gilt, hat der Fonds in einigen Fällen zur Beibehaltung von Subventionen mit positiven Umweltauswirkungen geraten, insbesondere bei Kerosin. In vielen Entwicklungsländern wird Holz durch Kerosin als Haushaltsbrennstoff ersetzt. Wenn dieser Brennstoff zu niedrigen Preisen einem Großteil der Bevölkerung zugänglich gemacht wird, kann der Druck zur Abholzung eingedämmt werden.

Selbstverständlich werden die Umweltauswirkungen von wirtschaftlichen Tätigkeiten durch Marktpreise nicht immer angemessen berücksichtigt, und deshalb sind Anpassungen erforderlich. Eine Korrektur der Marktpreise auf Grund negativer externer Effekte ist jedoch problematisch, da für Emissionssteuern üblicherweise technisch hochentwickelte Überwachungsapparate und ein großer Verwaltungsaufwand notwendig sind. Die meisten Länder wenden daher weniger ausgefeilte steuerliche Maßnahmen an, wie z. B. die Auferlegung von Warensteuern, bei denen eine indirektere Beziehung zwischen dem Verschmutzungsgrad und dem Steuersatz besteht. Viele Stabilisierungsprogramme beinhalten als grundlegendes Merkmal eine Erhöhung der Energieverbrauchssteuern—diese Erhöhungen waren zwar möglicherweise nicht hauptsächlich durch umweltpolitische Überlegungen begründet, ihre Überein-stimmung mit umweltpolitischen Zielen wurde jedoch oft als zusätzliche Rechtfertigung angesehen.

Dessen ungeachtet kann sogar eine gut abgefasste Stabilisierungspolitik angesichts institutioneller Schwächen, Probleme der Regierungsführung und Marktversagen negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. So können z. B. Änderungen im Wechselkurs und in den Handelsvereinbarungen sowie die Förderung exportorientierter Aufschwungstrategien für inländische Hersteller Anreize und Wettbewerbsvorteile hervorrufen (so z. B. bei der Forstwirtschaft, dem Bergbau, großen landwirtschaftlichen Betrieben und dem Fischereiwesen), wodurch im Falle institutioneller Mängel die Ausbeute von Naturschätzen auf ein nicht tragfähiges Niveau getrieben werden kann. Manche Länder haben es angesichts von Situationen, in denen negativen Umweltauswirkungen auf Grund makroökonomischer Anpassungspolitik nicht ausschließlich durch Preisgestaltung und steuerliche Maßnahmen wirksam begegnet werden kann, für notwendig gehalten—oder der Fonds hat eine dahingehende Empfehlung ausgesprochen -, kurzfristig quantitative Beschränkungen aufzuerlegen. Im Falle einer gestiegenen Nachfrage nach Holzexporten, beispielsweise nach einer Währungsabwertung, werden quantitative Beschränkungen für das Holzfällen im Allgemeinen oder der Holzexporte im Besonderen als notwendige Maßnahme angesehen, zumindest bis rechtliche Rahmenvorschriften vorhanden sind, die verhindern, dass das Holzfällen über ein haltbares Niveau hinausgeht.

Auf der Ausgabenseite des Haushalts besteht bei vielen Stabilisierungssituationen die Hauptaufgabe in der qualitativen Verbesserung der Ausgabeprogramme durch die Beseitigung von Verschwendung und den Schutz von Haushaltsmitteln, die für ein langfristiges Wirtschaftswachstum und eine nachhaltige Entwicklung bedeutsam sind. Durch die Kenntnis dieser Probleme wurde die Notwendigkeit unterstrichen, wichtige Programme im Sozial- und Umweltbereich zu schützen.

In vielen Entwicklungsländern sind Umweltbehörden und der Beamtenapparat je nach Entwicklungsstand relativ schwach. Dies kann wiederum eine wirksame Durchsetzung von Umweltschutzgesetzen und -bestimmungen verhindern, was durch Probleme der Regierungsführung, unzureichende technische Kapazitäten, Personalmangel und Haushaltsprobleme noch verschärft wird. In diesem Zusammenhang betont der Fonds in seiner Beratung verstärkt eine Verbesserung der Regierungsführung und der Transparenz. Transparenz erhöht die Verantwortlichkeit und ermöglicht der ,,Zivilgesellschaft" die Teilnahme am politischen Dialog und die Ausübung einer demokratischen Kontrolle, während Korruptionsanreize vermindert werden. Hinsichtlich des mittel- und langfristigen Aufbaus von Umweltschutz-Institutionen hat der IWF jedoch aufgrund seines Hauptmandats nur wenig Fachkenntnisse. In Fällen, in denen der Aufbau von Kapazitäten erforderlich ist, um Umweltschutz und nachhaltiges Wachstum von hoher Qualität zu sichern, stützt sich der IWF beim Transfer notwendiger institutioneller Fertigkeiten und Technologien an die Mitgliedsländer auf die Sachkenntnis der Weltbank und anderer internationaler Organisationen.

Kasten 1. Umweltfragen, die in Grundsatzdialogen mit den Mitgliedsländern angesprochen werden

Nachstehend Beispiele für Umweltfragen, die im Grundsatzdialog des IWF mit seinen Mitgliedsländern angesprochen werden:

Brasilien: Die Regierung hat im Anschluss an einen Vorschlag des IWF zur Erleichterung der reibungslosen Durchführung wichtiger Ausgabeprogramme dem Kongress einen Mehrjahresplan vorgelegt, durch den die Ausgaben, einschließlich Umweltprogramme, in den Jahren 2000 bis 2003 geregelt werden. Der Fonds hat die behördlichen Bemühungen, das Umweltbudget zu sichern, unterstützt.

Indonesien: Ein wesentlicher Bestandteil des vom Fonds unterstützten Stabilisierungsprogramms besteht in einem verbesserten Umweltmanagement. Der IWF unterstützt Maßnahmen für umfassende Beratungen zu Fragen des Forstwesens, zur regelmäßigen Veröffentlichung anhängiger und genehmigter Anträge zur Umwandlung von Forstflächen und zur Neustrukturierung von Forstbehörden. Im Steuerbereich wollen die Behörden sicherstellen, dass die Förderungsabgabe wenigstens 60 % der ökonomischen Rente der Holzwirtschaft erfasst und dass die Ausfuhrsteuern stufenweise durch Steuern auf die Nutzung der Rohstoffe ersetzt werden.

Jemen: Der IWF hat, um der untragbaren Erschöpfung der Wasservorräte entgegenzuwirken, Reformen unterstützt, durch die die erhebliche Subventionierung von Dieseltreibstoff und anderen Erdölerzeugnissen abgeschafft wird, da diese—u. a.—den verschwenderischen Umgang mit Wasser begünstigt haben, indem der Betrieb von Wasserpumpen (weit unter Kostendeckung) für viele Landwirte erschwinglich wurde.

Kambodscha: Anfang 1999 hat die Regierung Maßnahmen gegen illegales Holzfällen sowie Korruption eingeführt, von denen einige Teil der Bedingungen des IWF für die Weiterführung der Gespräche über ein neues Programm waren. Zu den vom Fonds vorgeschlagenen Maßnahmen gehörte die Aufrechterhaltung des Holzexportverbots bis zum Inkrafttreten eines Kontrollsystems, die Einstellung der Gewährung neuer Konzessionen, eine Überprüfung bestehender Konzessionen, die Stärkung von Umweltinstitutionen und der Überwachung von Verstößen gegen das Forstrecht sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz und einer integren Regierungsführung im Forstsektor

Mauretanien: Der Schutz der Fischbestände stellt ein Schlüsselelement der von IWF und Weltbank unterstützten Anpassungsstrategie dar, zu der Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz und der Effizienz bei der Erteilung von Fischereirechten, eine verstärkte Überwachung illegalen Fischfangs und einer verbesserten Eintreibung von Gebühren von Gesetzesübertretern gehören. Ein neues, im Jahre 1998 eingeführtes, von Gebern unterstütztes Regierungsprogramm zielt darauf ab, Probleme unzureichender Haushaltsmittel und eines unzureichenden Arbeitskräftepotenzials in diesem Sektor anzusprechen.

Usbekistan: Der IWF hat wiederholt betont, dass die Belastung der Wasservorräte zur Bewässerung und der landwirtschaftlichen Flächen auf Grund massiver direkter und indirekter Subventionen nicht aufrechtzuerhalten ist und erhebliche wirtschaftliche Aufwendungen mit sich bringt. Zu den notwendigen Maßnahmen gehört die Erhöhung der Gebühren für Bewässerung und andere Gemeindedienste auf ein kostendeckendes Niveau.